
Die Begrünung von Fassaden gewinnt in urbanen Räumen immer mehr an Bedeutung und das nicht nur aus ästhetischen Gründen, sondern auch wegen ihrer ökologischen und klimatischen Vorteile. Als natürliche Klimaanlage und lebendiges Biotop haben grüne Fassaden ein enormes Potenzial für die Verbesserung unserer Städte. Wir beleuchten die verschiedenen Aspekte der Fassadenbegrünung, von gängigen Vorurteilen bis hin zu praktischen Umsetzungsmöglichkeiten und wirtschaftlichen Faktoren.
Klassische Vorurteile gegen natürlich grüne Fassaden
Obwohl sich längst herumgesprochen hat, dass eine Fassadenbegrünung nicht nur angenehm, sondern auch gut fürs Klima ist, halten sich einige Vorurteile nach wie vor hartnäckig. Sie behindern mit Sicherheit eine noch breitere Akzeptanz von natürlich grünen Fassaden.
Vorurteil: Bausubstanzschädigung
Eines der verbreitetsten Vorurteile gegen grüne Fassaden aus Kletterpflanzen besagt, dass Efeu & Co Gebäudefassaden nachhaltig schädigen. Diese Annahme trifft jedoch nur bedingt zu. Faktisch können Kletterpflanzen nur in solche Wände eindringen und Schäden verursachen, die bereits durch Risse, Spalten oder Feuchtigkeit vorgeschädigt sind. Bei intakten Fassaden ist sogar das Gegenteil richtig: Die Wurzeln nicht aller, aber einiger Kletterpflanzen nehmen Feuchtigkeit und helfen auf diese Weise, Kellerwände und Fundamente trocken zu halten.
Vorurteil: Schädlingsbefall
Ein weiteres weit verbreitetes Vorurteil ist die Sorge, dass durch die Pflanzen an der Fassade vermehrt Ungeziefer ins Haus gelangen könnten. Diese Sorge erweist sich bei näherer Betrachtung als völlig unbegründet. Auch bei diesem Vorurteil ist das Gegenteil zutreffend: Fassadengrün auf Kletterpflanzen bietet einen Lebensraum für nützliche Insekten wie Marienkäfer und Florfliegen, die als natürliche Feinde von Schädlingen fungieren. Die Begrünung trägt somit also sogar zur biologischen Schädlingskontrolle bei.
Grüne Fassaden durch ausgeklügelte Systeme von Kletterpflanzen

Eine moderne Fassadenbegrünung kennt mehrere Arten von Systemen, um diversen Kletterpflanzen Halt an einer Fassade zu geben.
Bodengebundene Systeme
Die klassische und kostengünstigste Form für grüne Fassaden ist die bodengebundene Variante mit Selbstklimmern wie Efeu. Diese Pflanzen haften sich mit Haftwurzeln direkt an die Fassade und benötigen keine zusätzlichen Kletterhilfen. Der Efeu als „immergrüner Allrounder“ kann je nach Sorte mehrere Dutzend Meter hoch wachsen. Und es gibt diese kletternde Pflanze in zahlreichen Variationen mit unterschiedlichen Blattformen.
Gerüstsysteme für Kletterpflanzen
Für Pflanzen, die keine eigenen Haftorgane besitzen, eignen sich spezielle Kletterhilfen. Moderne Systeme bieten angelehnt stehende Konstruktionen aus Edelstahl, die über Lastabtragung am tiefsten Punkt funktionieren. Alternativ gibt es wandhängende Konstruktionen aus glasfaserverstärktem Kunststoff, die durch ihr geringes Gewicht und hohe Robustheit maximale Freiheit für grüne Fassaden aus einem dichtem Blätterwald bieten.
Modulare Systeme für die Begrünung
Modulare Systeme werden bereits fertig begrünt im Plug-and-Play-Verfahren montiert und begrünen Wände ohne längere Wartezeit wie etwa bei der bodengebundenen Variante. Eine modulare lebende Wand erschließt Fassaden als Lebensraum und bildet eine vorgehängte, hinterlüftete Fassade, bei der sich Pflanzen in einem speziellen Vlies entwickeln können, ohne den auch nur Baukörper zu berühren.
Eine fachlich korrekte Fassadenbegrünung
Eine fachgerechte Fassadenbegrünung erfordert sorgfältige Planung und Berücksichtigung verschiedener baulicher und botanischer Faktoren.
Standortanalyse und Pflanzenauswahl
Grüne Fassaden gelingen einem, wenn man vor der Installation den Standort hinsichtlich Lichtverhältnisse, Exposition und Wandbeschaffenheit analysiert. Die Pflanzenauswahl sollte an diese Bedingungen angepasst werden, wobei man gern die Möglichkeit bienenfreundliche Arten bevorzugt. Wichtig ist auch, Pflanzen mit möglichst geringem Pflegebedarf zu wählen, um den langfristigen Wartungsaufwand zu minimieren.
Systemauswahl nach Gebäudespezifikation
Je nach Gebäudetyp, Fassadenbeschaffenheit und gestalterischen Wünschen kommen unterschiedliche Arten für grüne Fassaden in Frage. Bei intakten Fassaden können sowohl selbstklimmende Pflanzen als auch Gerüstsysteme zum Einsatz kommen. Bei bereits vorgeschädigten Fassaden empfehlen sich modulare Systeme, die keinen direkten Kontakt zwischen Pflanzen und Mauerwerk zulassen.
Technische Installation
Die technische Umsetzung variiert je nach gewähltem System erheblich:
- Bei Selbstklimmern ist primär auf ausreichenden Pflanzabstand zur Wand und geeignetes Substrat zu achten.
- Gerüstsysteme müssen fachgerecht an der tragenden Wand befestigt werden, wobei auf ausreichenden Wandabstand und Tragfähigkeit zu achten ist.
- Modulare Systeme erfordern eine professionelle Unterkonstruktion und Bewässerungstechnik.
Vorteile einer Fassadenbegrünung

Die Vorteile einer fachgerecht ausgeführten Fassadenbegrünung sind vielfältig und reichen von ästhetischen, über ökologische bis hin zu wirtschaftlichen Aspekten.
- Klimatische Effekte: Grüne Fassaden aus Kletterpflanzen fungieren als natürliche Klimaanlagen für Gebäude und deren Umgebung. Die Pflanzen regulieren wirksam Temperatur, Licht und Luftfeuchtigkeit. Im Sommer bieten sie Schutz vor Überhitzung, indem sie die Sonneneinstrahlung absorbieren und durch Verdunstungseffekte kühlen. Im Winter können sie als zusätzliche Isolationsschicht wirken und den Heizenergiebedarf reduzieren.
- Ökologischer Nutzen: Fassadenbegrünungen schaffen wertvolle Lebensräume für Vögel, Schmetterlinge und nützliche Insekten. Sie tragen somit zur Erhöhung der urbanen Biodiversität bei und fördern das ökologische Gleichgewicht in Stadtgebieten. Darüber hinaus verbessern sie nachweislich die Luftqualität durch Filterung von Schadstoffen und Bindung von Feinstaub.
- Bauphysikalische Vorteile: Die Vegetation schützt die Fassade vor extremen Witterungseinflüssen wie UV-Strahlung, Hagel und Starkregen. Dies kann die Lebensdauer der Fassade erheblich verlängern. Zudem helfen grüne Fassaden dabei, Kellerwände und Fundamente trocken zu halten, da die Wurzeln Feuchtigkeit aufnehmen.
- Wohnqualität und Wohlbefinden: Begrünte Gebäude wirken sich positiv auf das Wohnklima und das Wohlbefinden der Bewohner aus. Die psychologischen Effekte von mehr Grün im urbanen Umfeld sind wissenschaftlich belegt und zeigen sich in verbesserter Stimmung und reduziertem Stressniveau der Anwohner.
Nachteile und Herausforderungen
Trotz der zahlreichen Vorteile sind mit Fassadenbegrünungen auch gewisse Nachteile und Herausforderungen verbunden, die bei der Planung berücksichtigt werden sollten.
- Unsachgemäßer Ausführung: Bei unsachgemäßer Planung können Schäden entstehen. Insbesondere bei bereits vorgeschädigten Fassaden mit Rissen, Spalten oder Feuchtigkeitsproblemen können die Wurzeln eindringen und durch weiteres Wachstum das Mauerwerk beschädigen. Dies unterstreicht die Wichtigkeit einer fachgerechten Voruntersuchung der Fassade und Auswahl des geeigneten Begrünungssystems.
- Pflege- und Wartungsaufwand: Während selbstklimmende Pflanzen wie Efeu relativ pflegeleicht sind, benötigen modulare Systeme mit integrierter Bewässerung regelmäßige technische Kontrollen. Zu den typischen Wartungsarbeiten zählen Rückschnitt, Kontrolle der Befestigungen und gegebenenfalls Bewässerung und Düngung.
Kosten und wirtschaftliche Aspekte
Die Kosten für eine Fassadenbegrünung variieren erheblich je nach gewähltem System, Größe der zu begrünenden Fläche und lokalen Gegebenheiten.
- Die bodengebundene Fassadenbegrünung mit Selbstklimmern ist mit etwa 15 bis 35 Euro pro Quadratmeter die kostengünstigste Variante. Bei dieser Methode fallen primär die Investitionen für die Pflanzen selbst an.
- Bei Gerüstkletterpflanzen kommen zusätzlich die Kosten für die Kletterhilfe und deren Montage hinzu, was den Preis entsprechend erhöht.
- Deutlich kostenintensiver sind wandgebundene Fassadenbegrünungen, die bei etwa 70 Euro pro Quadratmeter pro Jahr liegen. Diese höheren Kosten resultieren aus den aufwendigeren Konstruktionen, der technischen Ausrüstung für Bewässerung und gegebenenfalls notwendigen Pflegemaßnahmen.
- In vielen Kommunen existieren Förderprogramme für Fassadenbegrünungen, welche die finanziellen Hürden durchaus reduzieren. Diese Förderungen zielen darauf ab, die Artenvielfalt zu erhalten und das Stadtbild zu verschönern. Interessierte sollten sich beim örtlichen Bauamt über entsprechende Regelungen und Antragsverfahren informieren.
- Obwohl die Kosten bei einigen Begrünungssystemen zunächst erheblich sind, ergeben sich langfristig wirtschaftliche Vorteile. Durch die verbesserte Energieeffizienz des Gebäudes können Heiz- und Kühlkosten eingespart werden.
- Zudem kann die verlängerte Lebensdauer der Fassade durch den Witterungsschutz zu reduzierten Renovierungskosten führen. Diese Einsparungen sollten bei einer wirtschaftlichen Betrachtung berücksichtigt werden.
Grüne Fassaden: Fazit und Ausblick
Fassadenbegrünungen bieten als „Klimaanlage und Biotop“ ein enormes Potenzial für unsere Städte. Sie verbinden ökologische Vorteile mit ökonomischen und sozialen Aspekten und leisten einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung des urbanen Mikroklimas.
Die vorgestellten Systeme reichen von einfachen, bodengebundenen Begrünungen bis hin zu technisch ausgereiften, vorgehängten Modulen. Die Wahl des geeigneten Systems hängt von den spezifischen Anforderungen des Gebäudes, den örtlichen Gegebenheiten und nicht zuletzt vom Budget ab.
Trotz einiger verbreiteter Vorurteile überwiegen bei fachgerechter Planung und Ausführung die Vorteile einer Fassadenbegrünung deutlich. Mit steigendem Umweltbewusstsein und zunehmendem Verständnis für die positiven Effekte von urbanem Grün ist zu erwarten, dass die Akzeptanz und Verbreitung von Fassadenbegrünungen in Zukunft weiter zunehmen wird.
Die Zukunft der Fassadenbegrünung liegt in der Entwicklung noch effizienterer, pflegeleichterer und kostenoptimierter Systeme, die sich nahtlos in moderne Architekturkonzepte integrieren lassen. Dadurch könnte dieses wertvolle Instrument zur Verbesserung unserer Städte noch breiter eingesetzt werden – für lebenswerte urbane Räume, in denen Menschen wieder „aufatmen können“
Quellen
- Text: Gutes Klima durch Grün am Haus / Fassadenbegrünung ist kein Hexenwerk /
https://www.gartenbau.org / Stadtplanung – Fassadenbegrünung - Bilder: © Depositphotos / Depositphotos / Depositphotos